Generation Nachhaltigkeit

Zur Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen

Samstag, 19.06.
10.45 - 12.00 Uhr
Sektion: Regional/ Global
Block: Nachhaltigkeit und Biokraftstoffe

Josefin Lehnert, Universität Potsdam

Abstract

Biokraftstoffen als Alternative zu herkömmlichen Kraftstoffen geraten zunehmend in die Kritik - da offensichtlich durch ihre Produktion ökologische oder soziale Problemfelder tangiert werden. Klimawandel muss bekämpft werden und Energiesicherheit garantiert werden und Biokraftstoffe werden als eine Möglichkeit zum Erreichen dieser Ziele angesehen. Doch Kritiker proklamieren, dass der Energieaufwand und die CO2-Bilanz von Biokraftstoffen innerhalb der gesamten Herstellungsprozesskette nicht wesentlich geringer ist als bei herkömmliche Treibstoffen. In der Kritik ist auch der immense Flächenaufwand, der mit der Biokraftstoffproduktion häufig einhergeht, und eine dadurch entstehende Flächenkonkurrenz, wobei auch indirekte Effekte betrachtet werden. Direkte Landnutzungsänderungen sind in kritischem Umfang in Südostasien zu beobachten, z.B. Indonesien, wo über riesige Flächen hinweg wertvoller Regenwald abgeholzt wird. In Brasilien findet eine Verdrängung von Weideflächen statt: weil ehemalige Weideflächen dem Anbau von Zuckerrohr für die Ethanolproduktion weichen, werden diese Weideflächen in ökologisch sensible Bereiche verdrängt.

Doch die Biokraftstoffproduktion erzeugt auch soziale Brenn- und Konfliktpunkte. Zu nennen ist die Landlosenproblematik in Brasilien und anderen Anbauländern: durch die Ausweitung des kommerziellen Anbaus werden Kleinbauern von ihren Ländereien vertrieben und sind gezwungen sich als Landarbeiter auf den Plantagen der Großkonzerne zu verdingen – unter unmenschlichen Bedingungen. Gewalt und Korruption sowie Sklaverei ähnliche Zustände gehen damit einher. Diskutiert wird auch die Tank-Teller-Problematik: ist es ethisch vertretbar angesichts der Zahl hungernder Menschen in vielen Teilen der Welt für den Anbau von Lebensmitteln geeignete Flächen der Treibstoffproduktion zu widmen?

All diese Aspekte und Problembereiche haben Stimmen laut werden lassen nach einer hinreichenden Garantie der Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen. Eine Möglichkeit ist die Zertifizierung von Biokraftstoffen. Während schon seit längerem zum Beispiel Roundtables für nachhaltige Biokraftstoffe existieren, wurde in Deutschland Anfang 2010 das erste internationale Zertifizierungssystem für Biokraftstoffe – ISCC – durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zugelassen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigen Biokraftstoffproduktion.

Der Vortrag möchte einen informativen Überblick über die genannten Dimensionen geben. Nach einer theoretischen Einführung sollen die ökologischen und sozialen Aspekte der Biokraftstoffproduktion erläutert werden. Dabei soll auch auf die Frage eingegangen werden, ob Biokraftstoffe überhaupt geeignet sind, Energiesicherheit zu garantieren. Im Anschluss sollen die Möglichkeiten und Chancen der Zertifizierung diskutiert werden.